Annedore Leber
Lebensdaten
Am 18.3.1904 wurde Annedore Rosenthal, Tochter des
Oberstudienrates Prof. Georg Rosenthal und Auguste Rosenthal in
Berlin-Wilmersdorf geboren. Annedore Rosenthal wuchs in Berlin,
Fürstenwalde und Lübeck auf. Sie wurde von ihrem Vater
unterrichtet und legte das Externen-Abitur in Lübeck ab.
Anschließend studierte sie vier Semester Jura und arbeitete ein Jahr
als Volontärin im Modehaus Gerson. Am 21.11.1927 heiratete sie in
Lübeck den Dr.rer.pol. Julius Leber. Julius Leber war Reichstags-
abgeordneter der SPD und Chefredakteur des Lübecker Volksboten.
Annedore Leber hatte zwei Kinder: den Sohn Matthias, geboren am
21.4.1931, Arzt, verstorben am 18.8.1963, und die Tochter
Katharina, geboren am 31.3.1939, jetzt als Katharina Heinemann,
wohnhaft in München, Journalistin.
Frau Annedore Leber starb am 28.10.1968 in Berlin.Zehlendorf und
ruht auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof.
Zeit des Widerstandes
1927 trat Annedore Leber der SPD bei. 1933 wurde der Ehemann Julius Leber verhaftet und blieb
zunächst bis 1937 im KZ. Frau Leber legte die Meisterprüfung als Schneiderin ab und ernährte mit
diesem Handwerk sich, die beiden Kinder und ihre Mutter. Von 1938 bis zu ihrer Entlassung nach
Kriegsausbruch war sie Leiterin der Schnittmusterabteilung im Deutschen Verlag.
Inzwischen zogen die Lebers in eine Kohlenhandlung in Berlin-Schöneberg. Dieser Kohlenplatz war
Existenz und Zufluchtsort für die Verfolgten. Annedore Leber bewährte sich in dieser Zeit als engste
Mitarbeiterin in dieser gefährdeten Gemeinschaft.
Am 10.7.1944 wurde Julius Leber erneut verhaftet, nach dem Attentat des 20. Juli 1944 zum Tode
verurteilt und am 5.1.1945 hingerichtet. Frau Leber und ihre beiden Kinder wurden nach dem 20. Juli
1944 in Sippenhaft genommen. Die Mutter verbrachte mehrere Monate in Moabit, die beiden Kinder
einige Wochen in Dessau.
Tätigkeit als Journalistin und Verlegerin
Von 1946 bis 1949 war Frau Leber neben dem früheren Reichstagspräsidenten Paul Löbe und
neben Arno Scholz Lizenzträgerin der Berliner Tageszeitung "Telegraf". 1947 gründete sie den
Mosaik-Verrlag, der später Annedore-Leber-Verlag hieß. In diesem Verlag erschienen vor allem
politische und pädagogische Werke, Kinderbücher und Publikationen der UNESCO.
Die bekanntesten Veröffentlichungen sind der 1954 erschienene Bildband "Das Gewissen steht auf"
und der 1957 erschienene Ergänzungsband "Das Gewissen entscheidet". Für beide Bücher zeichnet
Frau Leber nicht nur als Verlegerin, sondern auch als Herausgeberin in Zusammenarbeit mit Willy
Brandt und Karl Dietrich Bracher.
Verantwortung im politisch-sozialen Leben
Nach Kriegsende begann Frau Leber ihre politische Tätigkeit aufs Neue. Sie war von 1946 bis 1950
Stadtverordnete von Berlin, von 1954 bis 1962 Bezirksverordnete von Zehlendorf und von 1963 bis
1967 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Am 26.11.1966 wurde sie mit einer
Ehrenurkunde als Dank für ihr zwanzigjähriges politisches Wirken im Wiederaufbau des
demokratischen Berliner Gemeinwesens ausgezeichnet.
Frau Leber gehörte als deutsche Delegierte der Beratenden Versammlung des Europarates an. Sie
wurde in den Personalgutachterausschuss beim Bundesverteidigungsministerium berufen. Annedore
Leber arbeitete an führender Stelle in der Deutschen UNESO-Kommission. Sie war
Vorstandsmitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. In Berlin-Britz gründete
sie später die nach ihr benannten Annedore-Leber-Ausbildungsstätten.